Der Mensch als Individuum hat eine eigene Funktion und Lebensaufgabe. Und dennoch und trotz dieser Vereinzelung, sind und bleiben wir ein wichtiger und untrennbarer Teil des Kollektivs. Die Entfaltung des Einzelnen, fördert infolgedessen auch die Entfaltung des Ganzen und jede Handlung (= Ursache) eines Einzelnen, zeigt somit auch Wirkung auf die Gemeinschaft. Manchmal mehr, manchmal weniger spürbar.
So kann man durchaus behaupten, dass unser Handeln zu sichtbaren aber auch zu nicht all zu offensichtlichen Kausalketten führt. Kausalketten, die eben auch Pandemien mit sich bringen können oder anders betrachtet, ist eine Pandemie eigentlich eine Art Kausalkette.
Erneut ist verantwortungsvolles, rücksichtsvolles und bewusstes Handeln von uns gefragt. Solange bis wir es lernen! Der Mensch von heute ist ein weiteres Mal dazu aufgefordert, seinen ihm zur Verfügung stehenden Intellekt einzusetzen. Wir sind aufgerufen ganz offensichtliche Kausalketten in Beziehung zu einander zu stellen und dahinterliegende (zerstörerische) Wirkungsschemata zu erkennen, um ihnen entgegenwirken zu können oder die zumindest deren Auswirkungen so gut wie möglich, einzudämmen. Und damit meine ich nicht nur die zerstörerische Wirkung des Virus, sondern ich meine auch die zerstörerische Wirkung unseres Handelns und vor allen Dingen, die zerstörerische Wirkung unseres Nicht-Handelns!
Und sollte es sich zeigen, dass wir trotz all dem, was wir vorgeben zu sein, dennoch nicht in der Lage sind, einem Virus die Stirn zu bieten oder auch nur seine Ausbreitung weitgehend einzudämmen, weil wir uns selbst und unseren Bedürfnissen doch näher stehen als denen des Kollektivs, weil unser starkes Bedürfnis z.B. nach einem Kaffee am See uns wichtiger und notwendiger erscheint als das Wohlergehen unserer Gemeinschaft .. wenn all das rücksichtsvolle Verhalten und Handeln ausbleibt, dann wäre uns allen doch wenigstens geholfen, wenn jeder einzelne bei sich anfängt und zumindest überlegt, womit er nicht zum Wohle des Kollektivs gehandelt hat und versuchen, sollten ihm die geistigen Mittel zu Verfügung stehen, den Sinn und Zweck des Geschehens herausfinden, um wenigstens an den Einsichten und den Erfahrungen zu wachsen.
Ein interessanter Artikel der BBC News https://www.bbc.com/news/world-europe-52784120
Ich lese diesen Artikel, dessen Zeilen mich zu tiefst berühren. Ich sehe in die Augen dieser Menschen und erkenne unschwer, dass diese Augen viel Leid gesehen haben, den Tod gesehen haben. Geballt und konzentriert.
Tiefe seelische Wunden, rufen Vergangenes in die Gegenwart. Und auf diese Weise nimmt die Vergangenheit, uneingeladen, eine intensive Präsenz im JETZT ein. Ein Ruf, der die Gegenwart nicht nur grau schattiert, sondern sie gänzlich einschwärzt und somit das JETZT massgeblich prägt und einschränkt.
Eine schmerzhafte Erinnerung, wer kennt sie nicht.
Erinnerungen sind Gedanken, Gedanken die Hoffnung auf eine unbeschwerte Zukunft zerstören und die Macht haben unsere Zukunft in eine ungewollte Richtung zu lenken. Die Erinnerung, die uns Angst macht, entweder nie wieder leben zu können wie wir es gewohnt waren oder wie wir es uns einst erhofft haben. Wahrscheinlich haftet an beiden Gedanken auch etwas Wahrheit und das Wissen darüber, macht uns hinzukommend noch mehr Angst.
Die Hoffnung, ist das Wissen, dass es nicht selten anders kommt, als wir es uns in den dunkelsten Momenten der Furcht ausgemalt haben.
Aber ....
Manche unserer Wunden können wir gut selbst behandeln, andere sind ein Fall für den Arzt. So plausibel und richtig denken wir, wenn es sich um körperliches Leid handelt, wir greifen instinktiv und ohne es in Frage zu Stellen zu den richtigen Massnahmen. Wir wissen zum Beispiel, dass wir eine Schramme anders behandeln müssen als eine grosse, offene Fleischwunde, bei der uns nie in den Sinn kommen würde, sie selbst zu versorgen, in dem wir sie zum Beispiel selbst zu vernähen versuchen. Aber auch ein Arzt näht nicht einfach so drauf los. Eine körperliche Wunde wird angemessen behandelt und bevor sie geschlossen wird, wird sie, falls nötig u.a. von Fremdkörpern gesäubert, die z.B. Infektionen auslösen könnten, es wird festgestellt wie tief sie ist und ob etwa tieferlegende Strukturen verletzt wurden. Bei physischen Wunden erfragen wir, wie es dazu gekommen ist und ob der Verwundete infolgedessen eine Schutzmassnahme benötigt, wie etwa eine Tetanus Spritze, die ihn vor gefährlichen Folgeerkrankungen wie Gasbrand oder einer Sepsis schützt.
Nach dem gleichen Prinzip möchten auch seelische Wunden versorgt werden, möchte unsere Psyche umsorgt werden, denn sie macht einen wesentlichen Teil unserer Selbst aus.
Viel zu selten entfernen wir Fremdenergien aus unserer Aura, viel zu selten schauen wir uns tieferlegende Verletzungen an und viel zu übereilt möchten wir seelische Wunden mit einem Anästhesie-Faden vernähen, ohne ihnen auch nur einmal bewusst die Beachtung geschenkt zu haben, die es bedarf.
Ich kenne Menschen, die auf ihre körperlichen Narben stolz sind, weil sie für die Betroffenen Stärke symbolisieren und diese Stärke ist und möchte ich ihnen auch nicht absprechen. Allerdings ist mir aufgefallen, dass nur wenige Menschen auf ihre seelischen Narben stolz sind, dass wenige über seelisches Leid sprechen obwohl sie auf dieses gleichermassen "stolz" sein dürften b.z.w. auf sich und dass sie es erfolgreich durch schwere Zeiten geschafft zu haben.
Es ist von grosser Wichtigkeit zu verstehen, dass unsere Gesundheit nur dann fortbestehen kann und nur dann optimale Bedingungen für eine Rekonvaleszenz geschaffen werden, wenn Körper, Geist und Psyche ganzheitlich betrachten werden. Wir können die 3 Elemente G-K-P (Geist-Körper-Psyche) zwar voneinander getrennt betrachten, aber dennoch müssen wir verstehen, dass sie in ständiger Verbindung zu einander stehen.
Eine Botschaft, die ich immer wieder gerne zu vermitteln versuche ist, kümmert Euch bitte liebevoll auch um die Versorgung eurer seelischen Wunden, auch um die kleinen Schürfwunden, die sich unbehandelt zu etwas grösserem summieren können und zu unschönen Narben werden können, die euch ein Leben lang (unnötig und schwer) begleiten.
Auch COVID-19 wird, und das zweifelsohne, einen unauslöschlichen Abdruck in uns hinterlassen. Einen Abdruck, den gerade die betroffenen Menschen wahrscheinlich noch in nachfolgende Generationen weitergeben werden. Eine Lektion von Mutter Natur? Ganz bestimmt, aber nicht wie im Allgemeinen verstanden wird. Ganz bestimmt erteilt uns, in diesem Kontext bezeichnend "Mutter Natur" unaufhörlich sowohl kollektive als auch ganz individuelle Lebenslektionen. Das gleiche gilt, meines Erachtens, für die gegenwärtigen Umstände, ausgelöst durch das Coronavirus und unsere Antwort(en) darauf.
Der Patient "Null" hat sich diese Rolle nicht (bewusst) ausgesucht aber ganz bestimmt haben ganz viele andere Menschen in der Corona-Krise bewusst, freiwillig und rücksichtslos gehandelt und somit andere gefährdet. Der freie Wille und die damit verbundene Autonomie bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste, selbstbestimmte Entscheidung zu treffen, scheint auch noch in der heutigen Zeit ein reizvolles Konzept zu sein.
Ein Konzept, bei dem (wir erleben es aktuell) die bewusste Entscheidung vieler dazu führt, die Gemeinschaft, in der sie leben, zu schwächen.
Vielleicht ist es wahr, dass das Virus in einem Labor entstanden ist, vielleicht hat es aber auch Mutter Natur erschaffen oder der Ursprung des Virus ist auf den Verzehr einer Fledermaus zurückzuführen, wahrscheinlich werden wir die Wahrheit nie erfahren. Schade, nicht wahr? Der Mensch braucht doch schliesslich einen Sündenbock ...
Der moderne Mensch erkennt trotz seines Intellekts noch immer nicht vollumfänglich, das Prinzip des "Allganzen", aber dafür hat die Menschheit noch sehr viel Zeit, mit Sicherheit zählen wir nicht mehr dazu, aber unsere Nachfahren ganz gewiss. Ich rufe uns alle auf, uns ehrlich zu fragen, ob wir alle aktiv und stets korrekt zur Seuchenabwehr beigetragen haben, uns ehrlich zu fragen, ob wir uns selbst am nächsten sind?! Wie handeln wir, wenn es sich um das Stillen unserer Triebe handelt wie zum Beispiel Hunger, um das besänftigen diverser Ängste, wie sieht es mit dem Versorgen unserer Kinder aus? Kollektiv oder Individuum, was zählt mehr? Des Weiteren, stelle ich immer wieder fest, und finde es nicht unwesentlich aufschlussreich, dass gerade weit entwickelte Länder dazu tendieren, Mutter Erde kontrollieren zu wollen, ich sehe Menschen mit wenig Selbstbeherrschung aber mit einem unheimlich grossen Bedürfnis über andere zu herrschen.
Und ausserdem auch, dass der "moderne" Mensch, den Gedanken an seine Vergänglichkeit nicht erträgt. Ich frage mich, wäre es zutreffend zu behaupten, dass ein ausgeprägter Intellekt stellenweise versucht selbstsüchtig und berechnend bestimmte Gesetzmässigkeiten ausser Kraft zu setzen? So egozentrisch und voller Grössenwahn, dass nicht mal die Tatsache akzeptiert wird, dass etwas wie z.B. unsere Natur, die absolut angstfrei und nicht vollumfänglich berechenbar ist, auch nicht kontrollierbar ist. Seuchenabwehr ist und bleibt eine Sache des Kollektivs und solange wir nicht besser als Kollektiv funktionieren, wird es Pandemien geben. Bis dahin werden noch sehr viele Jahre vergehen und noch sehr viele Menschen sterben. Vielleicht wird es sogar nie dazu kommen, dass die Menschheit ein Bewusstsein und Verantwortung füreinander entwickeln, so dass es beispielsweise nicht einmal mehr diesen einen egozentrischen, narzisstischen, machthungrigen Menschen gibt, dessen Hunger nach Macht und Einfluss, Gewissenhaftigkeit aushebelt, b.z.w. seine Gewissenhaftigkeit gänzlich ausschaltet. Diesen Menschen, der wie folgt oder ähnlich denkt und handelt:
„Mich trifft es nicht / mich betrifft das nicht"
"Den Schutzmassnahmen verweigere ich mich"
"Ich lasse mir nichts vorschreiben“
Meine Gedanken sind abgeschweift, bevor ich zum Ende komme, möchte ich noch ein paar Zeilen zum Artikel der BBC News schreiben.
Zunächst, möchte ich allen Medizinern, Arzthelferinnen, Krankenschwestern (allen die jetzt ungenannt bleiben) meine tiefe Dankbarkeit und Respekt aussprechen.
Der Schmerz, den diese Menschen also auch konkret die Menschen in Italien (BBC Artikel) in sich tragen, tritt durch das Lesen dieser Zeilen (BBC Artikel) in unser Bewusstsein. Und ich finde es wichtig und richtig diesen Schmerz zu teilen, denn er betrifft uns alle .. kollektiv.
Diese Menschen haben verständlicherweise Angst von der Zukunft, weil die Vergangenheit die Gegenwart einnimmt. Die schreckliche Vergangenheit lässt sie nicht los. Sie haben uns geholfen und nun ist die Zeit gekommen, diese Hilfe zurückzugeben. Denn nur dort wo Geben und Nehmen im Gleichgewicht zu einander stehen, dort ist gesundes Wachstum und Entwicklung möglich.
Ich hoffe für diese Menschen, dass sie Hilfe finden um das loszulassen, was ihnen nicht mehr dienlich ist. Dazu gehört auch die Enttäuschung, von der sie sprechen.
Und ich hoffe für uns Menschen, dass wir kollektiv erkennen und lernen, dass wir nichts im Aussen finden können, was uns im Inneren fehlt.
Nun, zu guter Letzt erlaube ich mir einen Gedanken, der nicht auf eigene Erfahrungen basiert. Im Artikel vergleicht eine Krankenschwester ihre Situation, mit der eines Soldaten auf der Front. Sie sagt, für einen Soldaten wäre es leichter sich von dem Trauma "Krieg und Tod" zu erholen, als es ihr möglich ist, sich von dem Trauma COVID-19 zu erholen. Sie nennt dafür den Grund, dass sie wieder zurück ins Krankenhaus muss, sozusagen "zurück auf die Front muss" . ( ... den Schritt zurück, könnte man jedoch durchaus auch als sinnvoll betrachten, als psychotherapeutische Intervention, eine Art Konfrontationstherapie). Im Krieg allerdings, spielt nicht selten ein bewusster Akt eine Rolle, eine bewusste Handlung also, die dazu führt das Leben eines anderen zu beenden. Sterben und Tod ausgelöst durch die menschliche Hand und eine vorsätzliche Handlung, Krieg bedeutet ebenfalls täglich in Angst zu leben, in Angst willkürlich und kaltblütig durch die menschliche Hand eliminiert zu werden, vielleicht bringt Krieg auch die tägliche Konfrontation mit sich selbst mit sich, sich mit der eigenen Angst und Persönlichkeit auseinandersetzen zu müssen und somit auch mit der Eventualität, selbst zum Mörder zu werden und einen anderen Menschen seines Lebensweges zu berauben?!
Aus diesem Grund finde ich, wir sollten Abstand davon nehmen schrecklichen Ereignisse miteinander zu vergleichen. Warum sollten wir das tun? Wir sollten möglichst davon absehen, Wertungen und Hierarchien zu erschaffen für tragische Geschehnisse, aus Respekt den Opfern gegenüber und all denen, die irgendwie daran beteiligt sind.
Ich will es in keinem Fall bewerten, nur festhalten, dass der leidende Mensch dazu tendiert, sein eigenes Leid als das Schlimmere einzustufen und damit unter Umständen (ungewollt) andere Opfer verletzt. Leid sollte uns nicht dazu verleiten, noch mehr Leid zu schaffen. Leid sollte (eigentlich) zu Verständnis führen, zu Mitgefühl und Hilfsbereitschaft - nicht zu Groll. Wir sollten uns dadurch nur noch mehr aufgefordert fühlen, denen mit Liebe und Verständnis und Hilfsbereitschaft entgegenzutreten, die unsere Hilfe und Gehör benötigen.
Ob wir es mögen oder nicht, unser menschliches Leben ist geprägt von Vergänglichkeit und Leid. Leid, das wir oft nicht umgehen können. Allerdings haben wir Einfluss darauf, was wir daraus machen und somit auch wie wir daran wachsen, individuell und als Kollektiv.